Bauern-Proteste
Über die bundesweiten Demonstrationen von Bauern mit tausenden Traktoren wurde in den letzten Wochen viel berichtet. Ich möchte euch kurz mitteilen, wie wir dazu stehen.
Auslöser für die Proteste war noch vor Weihnachten die Ankündigung unserer Regierung, die Steuerbefreiungen für landwirtschaftliche Fahrzeuge und die Agrardiesel-Entlastung zu streichen. Der Aufschrei in der Branche war groß, zumal bereits in den Vormonaten durch GAP-Reform, Düngeverordnung und andere Regeländerungen genug Frust entstanden war.
Wir als Biophilja haben uns aus folgenden Gründen nicht an den Demos beteiligt:
Erstens sind wir schlicht und ergreifend weder von Traktor-Kfz-Steuer noch von gestrichener Agrardiesel-Entlastung betroffen. Unsere 20 ha Feld und Wiese sind rings um die Hofstelle angeordnet, weshalb unsere beiden alten Trecker nicht auf öffentlichen Straßen fahren und entsprechend auch nicht angemeldet sind. Und der Dieselverbrauch für die Traktoren ist so gering, dass wir die Agrardieselbeihilfe gar nicht beantragen. Der bürokratische Aufwand wäre viel größer als der Erstattungsbetrag von ca. 60 Euro für etwa 300 l Diesel im Jahr. In diesem Punkt hat unser Betriebsmodell wirklich mal einen signifikanten Vorteil gegenüber dem üblichen System, denn wo viel von Hand gearbeitet wird und Weidetiere den Wiesenaufwuchs nutzen braucht es nur wenig Maschineneinsatz und damit auch wenig Kraftstoff. Ich hoffe das klingt nicht schadenfroh oder hämisch, es ist nur ein kleiner Hinweis.
Zweitens können wir uns nicht mit den vom Bauernverband gesteuerten Inhalten der Proteste identifizieren, jedenfalls nicht mit allen. Wir sind hundertprozentig solidarisch mit von den Kürzungen betroffenen Kollegen, besonders wenn sie sich wirtschaftlich ohnehin schon in einer schwierigen Lage befinden. Und auch bzgl. der Forderungen nach Bürokratie-Abbau sind wir ganz auf einer Linie.
Aber die platten Forderungen a la „Ampel muss weg“, Galgen-Symbole und Kampf-Rhetorik möchten wir nicht mittragen. Zudem finden wir es kritisch, dass der Bauernverband mit seinen zahlreichen Verknüpfungen in die großen Verarbeitungs- und Industriekonzerne, über zahlreiche Lobbyisten auch in die Politik, über Jahre und Jahrzehnte eine Agrarwende verhindert  hat, die nun schnell und schmerzhaft angegangen werden muss.
Wir sind seit Betriebsgründung Mitglied in der AbL – Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Jährlich ruft die AbL im Januar zur Wir-haben-es-satt-Demo in Berlin auf, gemeinsam mit Bio-Anbauverbänden, Umwelt- und Tierschutzorganisationen und Jugendverbänden. Am Samstag, den 20.01., fand die Demo zum 14. Mal statt. Ich (Rene) war zu Fuß dabei, inmitten von 8000 Menschen und 50 Traktoren. Bei Begleit-Demos in den vergangenen Jahren waren wir auch ab und zu mit einem geliehenen Traktor in Halle mit von der Partie.
Die Forderungen der AbL tragen wir voll mit, und die Schwerpunkte waren diesmal:
– für bäuerliche und ökologischere Landwirtschaft
– gegen Gentechnik-Deregulierung und Patente auf Pflanzen und Tiere
– für Tierwohl, Artenschutz, Biodiversität und entsprechende Honorierung seitens Politik und Gesellschaft
– gegen rechte Hetze, Menschenfeindlichkeit und Diffamierung
– für gerechte Erzeugerpreise und regionale Lebensmittelnetzwerke
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Bei all diesen Punkten ist die Ablehnung der von der EU geplanten Deregulierung und Aufhebung der Kennzeichnungspflicht für neue Gentechnik besonders akut! Gerade neulich, am 24.01.24, hat sich der Umwelt- und Gesundheitsausschuss des Europäischen Parlaments mehrheitlich für eine weitgehende Deregulierung neuer Gentechnik und massive Aufweichungen im geltenden Gentechnikrecht ausgesprochen. Nun bleibt als letzte Hoffnung nur noch die Plenarabstimmung, allerdings mit schwachen Erfolgsaussichten.
Wenn ihr auch der Meinung seid, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel auch zukünftig weiter gekennzeichnet und zugelassen werden müssen, dann helft mit, dies den Politikern kundzutun. Es gibt auf den Internetseiten von AbL e.V., dem Bund für Umwelt und Naturschutz, von Campact/WeAct zahlreiche Informationen und den Link zur laufenden zentralen WeAct-Petition von Bäuerin Barbara Endraß, die leider erst 82400 von 100000 Unterstützern hat.
Dankeschön!