Syntropische Landwirtschaft
Eines unserer noch unfertigen Projekte ist die weitere Gestaltung unserer Baumreihen im Garten und auf dem Acker. Bäume zu pflanzen und zu pflegen ist schonmal eine gute Sache und hat viele positive ökologische Effekte, aber aufgrund der langsamen Entwicklung der 100 jungen Obstbäume und der relativen Eintönigkeit der 2200 Pappeln waren wir seit geraumer Zeit auf der Suche nach einem schlüssigen Weiterentwicklungskonzept. Und mit dem Prinzip der syntropischen Landwirtschaft und syntropischen Agroforstwirtschaft haben wir dieses nun gefunden. Syntropie bezeichnet in diesem Zusammenhang eine Entwicklung vom Einfachen zum Komplexen, also von Mono- zu Polykultur, was ja auch ein wichtiges Permakulturprinzip ist.
Sabine und Rene durften Anfang November Ernst Götsch, den Pionier und Begründer der syntropischen Landwirtschaft, bei einem Workshop in Brandenburg erleben. Ernst hat seit den 1980er Jahren eine völlig degradierte Plantagenfläche in Brasilien wiederbelebt und zu einer naturnahen, vielfältigen und vor allem hochproduktiven Kulturfläche zum Anbau von Kakao, Bananen und anderen Früchten entwickelt – und das auf 500 Hektar (=25x Biophilja)!
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Ernst Götsch in der syntropischen Baumschule in Alt-Madlitz
Das Grundprinzip ist die gemeinsame Pflanzung bzw. Saat vieler verschiedener Pflanzen, die sich im Laufe der Zeit gemeinsam, aber in verschiedener Geschwindigkeit entsprechend der natürlichen Sukzession, entwickeln und zwar in einer Pflanzreihe, und mehrere Reihen mit Abstand nebeneinander. Die einjährigen Pflanzen können dabei von Beginn an zur Beerntung genutzt werden, oder werden zur Erzeugung von Biomasse und Mulch regelmäßig geschnitten. Die hochwachsenden Kulturen, von Brombeerstrauch bis Eiche, beschatten die niedrigwachsenden Pflanzen, und nehmen Sonnenlicht in einem großen Höhenspektrum auf. Die schnellwachsenden Baumkulturen wie Pappeln oder Maulbeeren, werden regelmäßig gestutzt und geschnitten, so dass dadurch ebenfalls Biomasse für Nährstoffversorgung und Bodenaufbau erzeugt wird. Das Schneiden und Stutzen ist dabei übrigens eine entscheidende Maßnahme, denn sie sorgt für einen Wachstums-Stimulus bei allen beteiligten Pflanzen im System – wissenschaftlich nachgewiesen! Damit ahmt man letztendlich nur Prozesse der Natur nach, denn Weidetiere oder Baumbewohner, von der Ziege über das Rind und den Elefanten bis zur Affenhorde bedienen sich in entsprechender Umgebung ständig an leckeren Blättern und Trieben. Die Pflanzen entwickeln sich dabei viel schneller als allein, der Bodenaufbau ist enorm, und man kann in allen Entwicklungsstadien bereits etwas ernten. In den Streifen zwischen den Mischkulturreihen können alle möglichen Pflanzen kultiviert werden, von Gemüse bis Getreide, die ebenfalls von den genannten positiven Effekten profitieren.
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Baum-Strauch-Anlage in Alt-Madlitz für künftige Sanddorn-Produktion, dazwischen Grünland für Hühnermobile
Beim Workshop durften wir, inspiriert von den Visionen und dem Lebenswerk von Ernst, den Spirit der Teilnehmer als eine Gruppe von Weltverbesserern und Machern miterleben. Nun gilt es, das Wissen anzuwenden und umzusetzen, womit Sabine und Jonas während der letzten schönen Tage in den Obstbaumreihen bereits begonnen haben. Für den größeren Teil unserer Flächen und bestehenden Baumreihen muss aber zunächst ein sinnvoller Plan erstellt werden, damit auch in Hinblick auf Arbeitszeitaufwand und Wirtschaftlichkeit ein gutes Ergebnis entsteht. Wir halten euch auf dem Laufenden…
(Wer einen kleinen Eindruck in bewegten Bildern sehen mag, der suche nach „Life in Syntropy Agenda Gotsch“ bei Youtube.)